Briefe aus Berlin, Küsse in Rom
Unsere Fernbeziehung über 1'200 Kilometer
Wir haben uns nicht auf Tinder kennengelernt, sondern auf einem Bücherflohmarkt in Rom. Ich war mit meiner besten Freundin auf Städtereise, er half seiner Tante am Stand mit alten italienischen Romanen. Er bot mir eine Ausgabe von „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ an, ich sagte: „Das klingt schwer.“ Er lachte, und ich wollte nie wieder aufhören, diesen Klang zu hören.
Drei Tage, zehn Espressi, zwei Mitternachtsspaziergänge später tauschten wir Telefonnummern – halb scherzhaft, weil ich ja sowieso zurück nach Berlin musste. Aber er schrieb. Und ich antwortete. Und irgendwann wurde aus dem lockeren Hin und Her eine Routine, dann ein Bedürfnis – und plötzlich eine Fernbeziehung.
Der Anfang war schön. Dann wurde es ernst.
Zuerst war alles aufregend. Wir telefonierten stundenlang, schickten uns Zitate aus Büchern, Fotos vom Alltag, Sprachnachrichten mit „Guten Morgen“ und „Träum schön“. Er schickte mir handgeschriebene Briefe – mit Zeichnungen und dem Geruch von Kaffee, wie ich ihn aus Rom kannte. Ich lernte, italienisch zu fluchen, er bestellte seine ersten Brötchen auf Deutsch.
Doch irgendwann kamen die Zweifel. Die Distanz wog schwerer, als ich dachte. Besonders an Tagen, an denen ich seine Nähe gebraucht hätte. Wenn ich abends müde war und niemand da war, der meine Hand hielt. Wenn ich auf Hochzeiten ging – allein. Oder wenn einfach nur Dienstag war und mir seine Stimme nicht reichte.
Aber wir lernten. Gemeinsam.
Wir lernten, nicht alles zu zerdenken. Uns Pausen zu erlauben, ohne uns weniger zu lieben. Wir hörten auf, ständig Pläne zu machen, die nicht umsetzbar waren – und konzentrierten uns auf die kleinen Dinge. Ein Foto vom Frühstück, eine Playlist für den Feierabend, eine kurze Nachricht: „Ich denk an dich.“
Einmal trafen wir uns spontan in Zürich. Einfach, weil es in der Mitte lag. Ich erinnere mich an das Gefühl, als er am Gleis stand und grinste. Es war nicht spektakulär. Nur richtig.
Heute…
Heute sind wir nicht mehr in einer Fernbeziehung – weil ich vor sechs Monaten nach Rom gezogen bin. Nicht für immer, nicht blauäugig, sondern weil wir bereit waren, den nächsten Schritt zu wagen. Und weil ich weiss: Wenn wir 1'200 Kilometer überstehen konnten, schaffen wir den Rest auch.
Eine Fernbeziehung verändert, was Nähe bedeutet. Aber sie lehrt dich auch, was Liebe wirklich ist.